Warum die Behauptung „Plastik ist umweltfreundlicher als Glas“ irreführend ist

by Seema on 05/11/2025 No comments

Oft hört man, dass Plastikflaschen oder -verpackungen „umweltfreundlicher“ seien als Glas, vor allem weil Plastik leichter ist und – so lautet das Argument – bei Herstellung und Transport weniger Treibhausgasemissionen verursacht. Ein genauerer Blick auf die sogenannten Life Cycle Assessments (LCAs) zeigt jedoch, dass diese Darstellung in mehreren grundlegenden Punkten problematisch ist. Insbesondere Untersuchungen des UN Environment Programme (UNEP) und der Life Cycle Initiative haben gezeigt, dass die Fokussierung auf nur wenige Umweltaspekte die weitreichenderen Schäden durch Plastik verschleiert und die Vorteile von Wiederverwendungssystemen nicht berücksichtigt.

Welche Fallstricke stecken also hinter der Behauptung, Plastik sei „grüner“ als Glas?

1. Enger Fokus auf Klimaauswirkungen

Viele Studien zum Thema “Plastik versus Glas“ konzentrieren sich auf einen zentralen Messwert: Kohlenstoff- oder Treibhausgasemissionen. Da Plastik leichter ist und weniger Energie für den Transport benötigt, scheint es oft einen geringeren CO₂-Fussabdruck zu haben als Glas, zumindest in der von den Forschern verwendeten Rahmenkonstruktion.

Doch Klimawirkungen sind nur eine von vielen Kategorien, die eine umfassende Umweltbewertung berücksichtigen sollte. Weitere entscheidende Bereiche – wie Toxizität, Verlust der Artenvielfalt, Ökosystemschäden oder soziale und gerechte Dimensionen der Verschmutzung (Auswirkungen auf Gemeinschaften, Müllsammler*innen, indigene Völker) – werden oft vernachlässigt oder ganz ausgelassen, weil sie schwer messbar sind.

Life-Cycle-Analysen (LCAs) von Plastik schliessen zum Beispiel typischerweise die Umweltlecks aus, die während des gesamten Lebenszyklus auftreten – von Pellets, die ins Meer gelangen (die zweithäufigste Quelle für Mikroplastik im Ozean), über Abrieb und Auslaugung während der Nutzung bis hin zu Müll in der Umwelt. Diese Lecks gehören zu den schädlichsten und irreversiblen Auswirkungen von Plastik: Sie führen zu Aufnahme durch Tiere, Verheddern, Fragmentierung zu Mikroplastik und kumulativen Schäden für ganze Ökosysteme.

2. Zu starke Abhängigkeit von LCAs als Entscheidungsgrundlage

Wie bereits erwähnt, sind LCAs nicht dafür ausgelegt, alle Umweltauswirkungen vollständig abzubilden. Sie müssen durch weitere Studien und Wissen ergänzt werden, um ein vollständiges Bild zu liefern.

Selbst die gewonnenen Erkenntnisse zu Indikatoren wie Energie‑ und Wasserverbrauch, Emissionen oder Ressourcennutzung sollten nicht ungeprüft übernommen werden. Die Systemgrenzen und Annahmen jeder Studie machen einen grossen Unterschied: Welche Produktionsprozesse wurden betrachtet? Welche End-of-Life-Szenarien? Welche Transportstrecken? Welche Wiederverwendungsquoten? Schon kleine Änderungen in diesen Annahmen können die Ergebnisse komplett umkehren.

LCAs können zudem, absichtlich oder unabsichtlich, „Belastungsverschiebungen“ verschleiern: Eine Verbesserung einer Kategorie (z. B. niedrigere Treibhausgasemissionen) kann eine andere verschlechtern, die nicht untersucht wurde (z. B. Ökotoxizität, Freisetzung von Mikroplastik). Die UNEP-Metastudie warnt: „Wie jedes Instrument ersetzt ein LCA nicht die Notwendigkeit, bei Entscheidungen auf eine Vielzahl von Informationsquellen zurückzugreifen.“

Wenn also jemand eine LCA zitiert mit dem Schluss „Plastik ist klimafreundlicher“, sind die entscheidenden Fragen:
– Was wurde weggelassen?
– Welche Annahmen wurden getroffen?
– Welche Alternativen wurden modelliert?
– Spiegeln diese Annahmen realistische Szenarien wider, auf die wir hinarbeiten könnten?

3. Falscher Vergleich: Einweg-Glas vs. Einweg-Plastik

Ein weiterer Schwachpunkt vieler LCAs ist, dass Einweg-Glas mit Einweg-Plastik verglichen wird, meist unter der Annahme, dass beide am Ende recycelt werden. In der Realität kann Glas zig- bis hunderte Male wiederverwendet werden, bevor es recycelt werden muss.

Warum ist das wichtig? Wiederverwendung vermeidet den Grossteil der Klimabelastung eines Materials, insbesondere den energieintensiven Schmelzprozess von Glas. Wiederverwendung erfordert lediglich Reinigung, Trocknung und lokalen Transport, was deutlich geringere Auswirkungen hat – und diese sinken weiter, da Energieversorgung dekarbonisiert wird und Rücklogistiksysteme effizienter werden.
Im Vergleich dazu ist die Plastikproduktion weiterhin stark an fossile Brennstoffgewinnung und -raffination, globale Lieferketten und eine niedrige Recyclingquote von nur 9 % gebunden, wobei ein Grossteil in Länder des Globalen Südens exportiert wird.

Kurz gesagt: Vergleicht man Einweg-Plastik realistisch mit wiederverwendbarem Glas, liegt der Vorteil klar bei Glas in Verbindung mit Wiederverwendungssystemen.

4. Vernachlässigung von Geschäftsmodellen und Systemgestaltung

Ein wesentlicher methodischer Fehler vieler LCAs ist die Annahme, dass das Geschäftsmodell für bestehende und Ersatzmaterialien identisch bleibt. Anders gesagt: Plastikflaschen, die über weite Strecken transportiert werden, werden direkt mit Glasflaschen unter denselben Bedingungen verglichen. Aber was, wenn Glas gar nicht so eingesetzt würde?

Beispiel: Schwerere Glasflaschen schneiden in einem globalen Produktions‑ und Vertriebsmodell, das auf Einwegplastik ausgelegt ist, naturgemäss schlechter ab – vor allem bei einmaligem Gebrauch über weite Distanzen. Glas entfaltet seinen Vorteil jedoch in lokalen Abfüll- und Wiederbefüllsystemen, mit Rücklogistik und deutlich kleineren Vertriebsnetzen.

Wenn der Vergleich den Status quo bevorzugt statt die nachhaltigen Alternativen, verzerrt das die Ergebnisse. Um ein besseres System zu modellieren – also Wiederverwendung und Nachfüllung innerhalb lokaler Netze – muss genau dieses Szenario betrachtet werden. Ein Vergleich von Materialien innerhalb des bestehenden Systems ergibt wenig Sinn.

5. Das grössere Problem: „Umweltfreundlich“ neu definieren

Letztlich beruht der Mythos „Plastik ist grüner als Glas“ auf einer zu engen Definition von „umweltfreundlich“. Wenn man Umweltfreundlichkeit ausschliesslich als „niedrigster CO₂-Fussabdruck im heutigen System“ betrachtet, könnte Plastik als Gewinner erscheinen.
Definiert man sie jedoch umfassender und bezieht folgende Aspekte ein:
chemische Toxizität
– persistente Verschmutzung und Ökosystemschäden
– Leckagen und Mikroplastik
– Ressourcenkreislauf und Recyclingfähigkeit
– Wiederverwendungspotenzial
– Umweltgerechtigkeit
– Zukunftssicherheit (Dekarbonisierung der Energieversorgung, innovative Logistik)
…dann verändert sich die Bewertung deutlich zugunsten von Glas und wiederverwendbaren Systemen.

Die UNEP/Life Cycle Initiative betont klar: Priorität haben Wiederverwendung, Reduktion von Einwegprodukten und System-Neugestaltung, unabhängig vom Material.

➤ Greenwashing durchschauen

Wenn du eine Behauptung wie „Plastik ist grüner als Material X“ siehst, solltest du folgende Fragen stellen:
– Welche Auswirkungen wurden bewertet? Nur Treibhausgase oder auch (Öko-)Toxizität, persistente Verschmutzung und soziale bzw. gesundheitliche Folgen?
– Welches Ersatzmaterial wurde betrachtet und wurde es wiederverwendet oder nur einmal genutzt und recycelt?
– Welche Annahmen zum Systemdesign wurden getroffen (Transportwege, Wiederverwendung, dekarbonisierte Energie)?
– Welche Lebenszyklusgrenzen wurden einbezogen (Rohstoffgewinnung, Pelletverluste, Leckagen am Ende der Lebensdauer)?
Und zuletzt: Wenn wir das System ändern würden, wäre Plastik dann immer noch die bessere Wahl?

Berücksichtigt man das vollständige Bild, zerfällt die Behauptung „Plastik ist grüner als Glas“. Eine konstruktive Agenda geht über die blosse Materialwahl hinaus: Einwegprodukte vermeiden, Kreislaufwirtschaft gestalten und in lokale Infrastruktur für sicheres Wiederverwenden, Nachfüllen und Reparieren investieren.

Weiterführende Literatur:
Sind LCAs nur Greenwashing für Plastik?
Eine Studie zur Bewertung der Lücken bei der Berücksichtigung der Auswirkungen von Plastik in der Ökobilanz
Wie Lebenszyklusanalysen (miss)braucht werden können, um mehr Einweg- Plastikverpackungen zu rechtfertigen

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SeemaWarum die Behauptung „Plastik ist umweltfreundlicher als Glas“ irreführend ist

Was sind Scheinlösungen?

by Seema on 23/10/2025 No comments

Bevor wir anfangen: Wie läuft es bei dir mit deinem Zero-Waste-Lifestyle? Hoffentlich fühlst du dich nicht überfordert! Eine Erfahrung, die wir gemacht haben, als wir anfingen, Einwegplastik zu vermeiden, ist, dass man sich zwischen so vielen Alternativen entscheiden muss – Papier, Biokunststoff, kompostierbarer Kunststoff. Das kann ziemlich verwirrend werden! Schau dir das an:

Alternativen zu Einwegplastik

Bei Alternativen zu Einwegplastik gibt es nur eine Frage, die du dir stellen musst, um zu sehen, ob sie wirklich sinnvoll sind: Hilft das insgesamt, Abfall zu reduzieren?
Wenn die Antwort nein lautet, gibt es wahrscheinlich eine bessere Option.

Das liegt daran, dass das Ersetzen eines Einwegartikels durch einen anderen das grössere Problem nicht wirklich löst. Wir verwenden weiterhin wertvolle natürliche Ressourcen, um Dinge herzustellen, die wir nur wenige Sekunden nutzen, und haben am Ende die gleiche Menge Abfall zu bewältigen.

Einige dieser „Plastik-Alternativen“ haben ausserdem andere Probleme, die dich vielleicht zweimal überlegen lassen, ob du sie verwenden möchtest: Biokunststoffe enthalten zum Beispiel immer noch Chemikalien und manchmal sogar Kunststoff aus fossilen Brennstoffen als Hauptbestandteil. Und natürlich entstehen auch hier Mikroplastikpartikel.
Jedes Papier, das mit Lebensmitteln in Kontakt kommt, ist meist mit einer dünnen Kunststoffschicht überzogen, damit es nicht auseinanderfällt. Mehr Informationen zu diesen verschiedenen Materialien findest du in der Watchliste unten.

Im Allgemeinen sind die besten Alternativen zu Einwegplastik Gegenstände, die wiederverwendbar sind. Denke an echtes (Metall-)Besteck, das gewaschen und tausendfach genutzt werden kann, statt an trendige Einweg-Bambusversionen. Oder an ein Glas, eine Porzellantasse oder einen Thermobecher für Tee, statt eines Pappbechers.
Da wir diese Gegenstände immer wieder verwenden, tragen wir insgesamt dazu bei, Abfall zu reduzieren. Es bedeutet, dass weniger neue Dinge produziert und weggeworfen werden müssen.

Alternative Möglichkeiten, mit weggeworfenem Plastik umzugehen

Aber was, wenn wir mit all diesem Abfall etwas Nützliches anfangen könnten? Dann wären Einwegprodukte vielleicht gar nicht so schlimm. Vielleicht hast du schon davon gehört, dass Abfall in Strom, Wärme oder Treibstoff umgewandelt wird. Das klingt doch viel besser, als ihn auf eine Müllhalde zu bringen oder in die Natur gelangen zu lassen, oder?

Lass uns das einmal genauer betrachten. Was genau geben wir in diese Anlagen, um Energie zu erzeugen? In den meisten Fällen handelt es sich um gemischten Abfall (nicht getrennt). Das bedeutet, dass Berge von Lebensmitteln, Glas, Metall, Papier und natürlich Plastik zusammenkommen.
Warum gemischt? Weil es viel einfacher ist – es gibt nur einen Mülltonnen-Typ zum sammeln und anschliessend zu verbrennen.

Das Verbrennen von gemischtem Abfall ist allerdings ziemlich ineffizient (all das nasse Essen!) und viele wertvolle Materialien, die hätten recycelt oder kompostiert werden können, gehen in Rauch auf.

Wenn der Abfall vorher getrennt wird und organische Abfälle sowie Recycelbares entfernt werden, bleibt meist eine Menge Plastik übrig. Da Plastik aus fossilen Brennstoffen und Chemikalien hergestellt wird, führt seine Verbrennung zu denselben Klimaschäden wie Öl, Gas oder Kohle.
Beim Plastik gibt es jedoch zusätzlich noch viele hochgiftige Stoffe in Asche und Rauch – zum Beispiel Dioxine, Furane und Schwermetalle. Das ist besonders gefährlich, wenn Plastik, wie in einigen Ländern üblich, zu Brennstoffbriketts verarbeitet wird, die zum Zementherstellen oder zum Kochen von Lebensmitteln verwendet werden.

Schauen wir uns nun an, wo all dieser Abfall überhaupt herkommt. Plastikabfall – die Hauptquelle für die Wärme – ist keine erneuerbare Energiequelle wie Wind- oder Solarenergie. Es handelt sich um eine begrenzte fossile Ressource.
Anlagen zur Abfallverbrennung sind sehr teuer, und damit sie richtig funktionieren, müssen ihre Feuer rund um die Uhr bei sehr hoher Temperatur brennen. Das bedeutet, dass wir ständig neuen Plastikabfall benötigen, um die Maschinen zu betreiben und die Investition wieder hereinzuholen – also wird weiterhin mehr Öl und Gas aus der Erde gefördert.

Zero Waste bedeutet, Materialien so lange wie möglich immer wieder zu nutzen und sie dann sicher zu entsorgen. Wenn wir Plastik verbrennen, bleiben jedoch nach der Nutzung von Wärme, Treibstoff oder Strom nur giftige Nebenprodukte übrig. Mit diesen kann nichts Nützliches mehr angestellt werden, obwohl einige Unternehmen versuchen, die Asche in Baustoffe zu mischen. In jeder Form verursachen die verbleibende Asche und der Rauch jedoch ernsthafte Gesundheitsprobleme für Menschen und Ökosysteme in der Umgebung.

Fazit: Wenn wir unseren Müll trennen und das, was möglich ist, kompostieren und recyceln, bleibt hauptsächlich ein Berg Plastik übrig. Indem wir diesen Berg verkleinern – zum Beispiel durch langlebige und wiederverwendbare Produkte – können wir endliche Ressourcen schonen und haben nur sehr wenig, das verbrannt werden müsste.
Es besteht also gar keine Notwendigkeit, aus Abfall Wärme oder Strom zu erzeugen: Wir haben bereits echte Lösungen und viele klimafreundliche Energiequellen, die wir stattdessen nutzen können. Warum sollten wir unsere Gesundheit und die Umwelt riskieren, wenn es gar nicht nötig ist?

Einführung in… Scheinlösungen und Greenwashing

Scheinlösungen sind alle Ideen oder Massnahmen, die behaupten, die Plastikkrise irgendwie zu lösen, es aber in Wirklichkeit nicht tun. Sie konzentrieren sich meist darauf, ein Einwegmaterial durch ein anderes zu ersetzen, das angeblich umweltfreundlicher ist, oder darauf, Technologie einzusetzen, um Plastik am Ende seiner Lebensdauer „besser zu managen“.

Nach dieser Definition können Biokunststoffe und jede Art von Müll-zu-Energie- oder Treibstofftechnologie als „falsche Lösungen“, also Scheinlösungen betrachtet werden. Es gibt viele weitere, zum Beispiel die Behauptung, wir könnten aus verwendetem Plastik neue Kleidung oder Schuhe herstellen, oder dass plastikfressende Würmer oder Bakterien uns retten werden.
Sie versuchen niemals, das Problem an der Quelle zu lösen – also das Plastik, das wir überhaupt erst produzieren, zu reduzieren. Tatsächlich können sie das Problem sogar verschlimmern, indem sie uns ablenken oder davon abhalten, an den echten Lösungen zu arbeiten, die uns zu Zero Waste führen.

Unternehmen, die solche Lösungen bewerben, werden oft des Greenwashings beschuldigt. Das bedeutet – absichtlich oder nicht –, dass sie Menschen glauben machen, das Problem werde bereits angegangen und sie selbst seien Teil der Lösung. Sie nutzen möglicherweise irreführende Labels oder Marketing, um ihr Image oder ihren Umsatz zu steigern. Gleichzeitig unterstützen sie die gleiche Überproduktion und Übernutzung, die diese Krise überhaupt erst verursacht hat.

Wie wir aus den vorherigen Teilen wissen, ist der Schaden bereits angerichtet, sobald Plastik hergestellt und in irgendeiner Form genutzt wurde. Das Klima ist bereits beeinträchtigt, Verschmutzung entstanden und unsere Gesundheit durch die Freisetzung von Mikroplastik geschädigt.

Greenwashing ist ein grosses Thema und umfasst viele falsche Umweltbehauptungen und Versprechen von Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen – Mode, Autos, Energie, um nur einige zu nennen. Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, sieh dir die Links am Ende dieser Seite an.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Scheinlösungen versuchen, die Plastikkrise mit alternativen Materialien oder Methoden zur Müllverwertung zu „lösen“. Auf den ersten Blick mögen sie hilfreich erscheinen, in Wirklichkeit verbrauchen sie jedoch weiterhin natürliche Ressourcen, erzeugen neuen Abfall und schaden unserem Planeten sowie unserer Gesundheit.
Sie gehen nicht an die Wurzel des Problems: unsere Wegwerf-Kultur. Als Zero-Waster*innen müssen wir in der Lage sein, falsche Lösungen zu erkennen und abzulehnen – auch wenn sie oft schwer zu erkennen sind, besonders wenn sie als „umweltfreundlich“ vermarktet werden.

Um mehr über falsche Lösungen für die Plastikverschmutzung zu erfahren, sieh dir unsere Lese- und Watchliste unten an. Nimm dir Zeit, alles zu erkunden, was dich interessiert. Du kannst dein neues Wissen auch in einer Aktivität anwenden oder im Quiz ausprobieren. Wenn du Gedanken zu Scheinlösungen hast oder die Frage unten beantworten möchtest, hinterlasse uns gerne einen Kommentar!

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Schau dir diese Beispiele für Scheinlösungen an. Kannst du erklären, warum sie Greenwashing sind?

Warum glaubst du, dass Menschen auf diese Art von Werbung hereinfallen? Und was können wir tun, um das zu verhindern?


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SeemaWas sind Scheinlösungen?

Wir haben 7 von 9 planetaren Grenzen überschritten

by Seema on 15/10/2025 No comments

Während des Holozäns, das sich über die letzten 10’000 Jahre erstreckt, waren die Bedingungen auf der Erde bemerkenswert stabil. Diese Stabilität ermöglichte es den menschlichen Gesellschaften, zu florieren: Nahrungsmittel anzubauen, Handel zu treiben und Städte zu bauen. Aber da der ungebremste Kapitalismus den Planeten über seine sicheren Grenzen hinaus treibt, riskieren wir, ihn in die Instabilität zu stürzen, mit Folgen für jedes Lebewesen.

Im vergangenen Monat bestätigten Wissenschaftler*innen, dass die Menschheit inzwischen
sieben der neun planetarischen Grenzen überschritten hat – Schwellenwerte, jenseits derer sich die Umwelt der Erde nicht mehr selbst regulieren kann und unbewohnbar werden könnte.

Aber was genau sind diese Grenzen, und warum ist es von Bedeutung, wenn sie überschritten werden?

Das Konzept der planetarischen Grenzen wurde erstmals 2009 von einer Gruppe international renommierter Umwelt- und Erdsystemwissenschaftler*innen vorgestellt. Das Rahmenwerk identifiziert neun kritische Prozesse, die zusammen das Lebenserhaltungssystem des Planeten bilden und dessen Stabilität und Widerstandsfähigkeit regulieren. Jeder Prozess hat einen „sicheren Betriebsraum”, also Bedingungen, die ein reibungsloses Funktionieren des Systems gewährleisten.

Das Verlassen dieses Raums bedeutet nicht sofort eine Katastrophe, erhöht jedoch das Risiko abrupter, nicht linearer und möglicherweise irreversibler Umweltveränderungen. Mit anderen Worten: Je weiter wir diese Grenzen überschreiten, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir Kipppunkte auslösen, die genau die Systeme untergraben könnten, von denen unser Überleben abhängt.

Die neun planetarischen Grenzen und wo sie im Jahr 2025 stehen


1. Klimawandel ➡︎ Grenze überschritten

Unser Klimasystem reguliert Temperatur, Niederschläge, Meeresspiegel und die Funktionsweise von Ökosystemen. Durch den Menschen verursachte Treibhausgasemissionen (insbesondere Kohlendioxid und Methan) sowie Luftschadstoffe halten Wärme in der Atmosphäre zurück, die sonst ins Weltall entweichen würde, wodurch die globalen Temperaturen weit über den stabilen Bereich des Holozäns hinaus steigen.
Wie sich dies zeigt: Extreme Wetterereignisse, Überschwemmungen, Waldbrände, steigender Meeresspiegel, Wüstenbildung. Die Erwärmung der Ozeane hat sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt.


2. Überladung mit neuartigen Stoffen (Chemikalien und Plastik) ➡︎ Grenze überschritten

Diese Kategorie umfasst Petrochemikalien, alle Arten von Kunststoffen, genetisch veränderte Organismen und andere synthetische Substanzen, die nicht biokompatibel und oft sehr schädlich für Lebewesen sind. Viele davon verbleiben in der Umwelt, bilden giftige Cocktails und kontaminieren ganze Ökosysteme.
Wie sich dies zeigt: Weit verbreitete Verschmutzung durch Mikro- und Nanoplastik und PFAS („ewige Chemikalien“) in Wasser, Luft und Boden.


3. Ozonabbau in der Stratosphäre ➡︎ Innerhalb der Grenze

Die Ozonschicht schützt das Leben auf der Erde vor schädlicher ultravioletter Strahlung der Sonne. Internationale Massnahmen zur Reduzierung der Produktion von ozonschädigenden Chemikalien seit Ende der 1980er Jahre und durch das Montrealer Protokoll haben erfolgreich dazu beigetragen, dass sich die Ozonschicht wieder auf ein sicheres Niveau erholt hat.


4. Aerosolbelastung der Atmosphäre (Luftverschmutzung) ➡︎ global innerhalb der Sicherheitszone; in einigen Regionen überschritten

Aerosole sind winzige Partikel in der Luft, wie Staub, Russ, Sulfate und Rauch. Sie beeinflussen die Luftqualität, die menschliche Gesundheit und regionale Klimamuster. Dieser Grenzwert wird derzeit in vielen dicht besiedelten Gebieten überschritten, insbesondere in Gebieten mit hohen Emissionen aus der Industrie und der Verbrennung fossiler Energieträger, gilt jedoch weltweit als innerhalb sicherer Grenzen liegend.
Wie sich dies zeigt: Zunahme von Atemwegserkrankungen und anderen Krankheiten, Verschärfung des Klimawandels, Veränderungen der Monsunsysteme. Jeder fünfte vorzeitige Todesfall ist auf die Luftverschmutzung durch fossile Brennstoffe zurückzuführen.


5. Ozeanversauerung ➡︎ Grenze überschritten

Die Ozeane absorbieren Kohlendioxid aus der Atmosphäre. Dadurch wird das Meerwasser saurer, was Korallen, Schalentiere und einige Planktonarten daran hindert, Schalen und Skelette aufzubauen und zu erhalten, was verheerende Auswirkungen auf die weiter oben in der Nahrungskette stehenden Lebewesen hat – einschliesslich der Küstengemeinden. Im Planetary Health Check 2025 wurde festgestellt, dass der Säuregehalt der Ozeane seit Beginn des Industriezeitalters um 30 bis 40 % gestiegen ist, wodurch sie nun als siebte Grenze gelten, die sich in der Gefahrenzone befindet.
Wie sich dies zeigt: Korallenbleiche und Absterben tropischer Riffe, Bedrohung der arktischen Meeresfauna, Ernährungsunsicherheit.


6. Veränderung biogeochemischer Kreisläufe ➡︎ Grenze überschritten

Dieser Prozess beschreibt, wie wichtige Elemente und Verbindungen durch die Systeme der Erde zirkulieren. Stickstoff und Phosphor sind wichtige Nährstoffe für Nutzpflanzen, aber ihr übermässiger Einsatz in industriellen Düngemitteln hat zu Umweltverschmutzung, Bodendegradation und sogenannten toten Zonen in Ozeanen und Seen geführt.
Wie sich dies zeigt: Durch Düngemittelabfluss verursachte Algenblüten verbrauchen Sauerstoff und töten Wasserlebewesen, erhöhte Versauerung der Ozeane, unfruchtbare Böden. Derzeit gibt es mehr als 500 identifizierte tote Zonen im Ozean, die sich über eine Fläche von 95’000 Quadratmeilen erstrecken.


7. Veränderung der Süsswassersysteme ➡︎ Grenze überschritten

Die Verfügbarkeit und der Fluss von Süßwasser – sowohl oberirdisch als auch unterirdisch – sind für die Landwirtschaft, den menschlichen Verbrauch und die ökologische Stabilität von entscheidender Bedeutung. Verschmutzung, Dämme, Landnutzungsänderungen, übermäßige Entnahme und Klimawandel haben dazu geführt, dass die Süsswasserökosysteme in der Hälfte aller Länder der Welt geschädigt sind.
Wie sich dies zeigt: Dürren, Überschwemmungen, Verschlechterung der Wasserqualität, Verlust von Feuchtgebieten und Mangroven. 25 % der Süsswasserarten sind vom Aussterben bedroht.


8. Veränderung der Landnutzung ➡︎ Grenze überschritten

Rund drei Viertel der natürlichen Landschaften auf unserem Planeten wurden im Laufe des letzten Jahrtausends für menschliche Zwecke „verändert“. Dazu gehören dauerhafte Veränderungen wie die Urbanisierung und potenziell reversible Veränderungen wie die Rodung tropischer Regenwälder für die Landwirtschaft, beispielsweise für den Anbau von Soja und Palmöl.
Wie sich dies zeigt: Bodenerosion und -degradation, Zerstörung von Lebensräumen, Wüstenbildung, Zwangsmigration, verstärkte globale Erwärmung. Die globale Waldbedeckung liegt heute weit unter der 75-prozentigen Sicherheitszone.


9. Veränderung der Integrität der Biosphäre (lVerlust der Natur und Biodiversität) ➡︎ Grenze überschritten

Die Biosphäre ist die lebende Schicht der Erde und benötigt eine grosse, breite und vielfältige Palette gesunder Organismen, um die Nahrungsmittelproduktion, die Bestäubung, die Regulierung von Krankheiten und unzählige Ökosystemleistungen zu unterstützen. Der Verlust der biologischen Vielfalt bedeutet, dass das System weniger in der Lage ist, sich selbst zu regulieren und sich von Schocks zu erholen.
Wie sich dies zeigt: Geringe Ernteerträge (und Ernährungsunsicherheit), beschleunigtes Artensterben, Zusammenbruch von Ökosystemen.

Ein Weckruf, nicht das Ende

Diese Prozesse sind alle miteinander verbunden. Druck auf einen Prozess führt unweigerlich zu Druck auf die anderen.
Das Überschreiten der siebten planetarischen Grenze bedeutet, dass die Menschheit die Verschlechterung der Ökosysteme der Erde beschleunigt und sich weiter von den stabilen Bedingungen entfernt, die die Zivilisation erst möglich gemacht haben.

Es überrascht nicht, dass mehr als drei Viertel der Warnleuchten auf dem Armaturenbrett rot blinken und damit das Risiko für das gesamte System steigt: Wir müssen mit häufigeren extremen Wetterereignissen, einer geringeren Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme, einer grösseren Wasser- und Nahrungsmittelunsicherheit und der Möglichkeit rechnen, dass Kipppunkte wie der Zusammenbruch von Eisschilden oder das Absterben von Regenwäldern ausgelöst werden.

Das Konzept der planetarischen Grenzen ist jedoch keine Vorhersage einer unvermeidlichen Katastrophe, sondern ein Instrument zum Risikomanagement. Wir können es nutzen, um Impulse zu setzen, damit die Systeme wieder in den sicheren Bereich zurückkehren. Die beiden intakten Grenzen sind ein Beweis dafür. Der Abbau der Ozonschicht in der Stratosphäre, der einst kurz vor seiner Grenze stand, wurde dank jahrzehntelanger internationaler Zusammenarbeit im Rahmen des Montrealer Protokolls wieder in einen sicheren Bereich zurückgeführt. Kollektive Massnahmen in Bezug auf die anderen Prozesse, die eine tiefgreifende und rasche Reduzierung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe (sowohl für Energie als auch für Kunststoffe) erfordern, können die Systeme der Erde wieder in sichere Grenzen zurückbringen – aber die Zeit läuft davon.

Johan Rockström, Professor für Erdsystemwissenschaften, der die Entwicklung des Konzepts der planetarischen Grenzen geleitet hat, sagt dazu: „Auch wenn die Diagnose düster ist, gibt es noch immer eine Chance auf Heilung. Scheitern ist nicht unvermeidlich, Scheitern ist eine Entscheidung. Eine Entscheidung, die vermieden werden muss und kann.“

Der ganze Bericht unter: Planetary Health Check 2025

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SeemaWir haben 7 von 9 planetaren Grenzen überschritten

Werde aktiv!

by Seema on 07/10/2025 No comments

In Teil 8 haben wir gelernt, dass die Lösung der Plastikverschmutzung und der Übergang zu Zero Waste nur dann erfolgreich sein können, wenn das gesamte System verändert wird. Das ist eine wirklich grosse Aufgabe! Und manchmal kann es einem das Gefühl geben, dass die eigenen Handlungen nur ein Tropfen auf den heissen Stein sind. Aber es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass das, was wir tun, trotzdem zählt. Tatsächlich würde ohne uns eine Systemänderung niemals stattfinden!

Warum ist das so? Die kurze Antwort lautet: Individuelle Veränderung und Systemänderung sind keine Gegensätze. Sie wirken zusammen.

Die Art von Veränderung, die wir zuvor betrachtet haben, nennt man Top-Down-Systemänderung. Sie wird von den Menschen an der Spitze vorangetrieben, die die Macht und Autorität haben, zu bestimmen, wie Dinge erledigt werden. Einige Beispiele sind: Regierungen, die Gesetze erlassen, um Umweltverschmutzer zu bestrafen; der Aufbau von Infrastruktur für Wiederverwendung; oder die Lebensmittelindustrie, die neue Standards für Verpackung und Kennzeichnung setzt. Der globale Plastikvertrag der Vereinten Nationen wird die bisher grösste Top-Down-Veränderung im Bereich Plastikverschmutzung sein! Aber selbst die Verantwortlichen für die lokale Müllabfuhr könnten einen grossen Unterschied machen, wenn sie vorschreiben würden, dass die Menschen ihren Müll sortieren. Wenn die Menschen an der Spitze die Abläufe ändern, müssen alle folgen – und sie werden dabei auch unterstützt.

Aber es gibt noch eine andere Art von Veränderung, die bei uns selbst beginnt. Diese nennt man Bottom-Up-Systemänderung. Sie entsteht, wenn Einzelpersonen wie wir aktiv werden und die kleineren lokalen Systeme beeinflussen, in denen wir leben – Schulen, Büros, Geschäfte, Restaurants usw. Einige Beispiele sind: Aufbau eines Wasser-Nachfüllnetzes, Einrichtung eines Repair-Cafés, ein Gemeinschaftsgarten für Kompostierung oder eine Kampagne, eigene Behälter für Take-away-Essen mitzubringen.

Solche Initiativen beeinflussen, wie Menschen und die Gesellschaft über ein Problem wie Abfall und Plastikverschmutzung denken. Dadurch entsteht Druck auf die höheren Ebenen der Regierung und grosse Unternehmen, zu reagieren. Sie müssen unsere neuen Erwartungen erfüllen. Auch wenn das eine Weile dauern kann, haben wir bereits die Samen gesät.

Individuelles Handeln kann viele Formen annehmen: von Protesten über Citizen Science bis hin zur Organisation eines Kleidertauschs. Wichtig ist, sich mit anderen Menschen zu vernetzen, die dasselbe tun, damit sich unser individueller Einfluss vervielfacht. Dies nennt man kollektives Handeln, und es erzeugt Dynamik für grössere Systemänderungen.

 

deen für individuelles und gemeinsames Handeln zur Veränderung des Systems

Ein neues Normal schaffen
Überlege mal, wie selten es noch vor ein paar Jahren war, eine wiederverwendbare Trinkflasche zu sehen – und wie alltäglich sie heute geworden sind. Das ist das Ergebnis von Menschen, die diese Umstellungen gemacht und ihrer Familie, Freund*innen und anderen gezeigt haben, dass ein anderer Weg möglich ist. Um das Bewusstsein der Menschen für Plastikverschmutzung zu schärfen, kannst du:

  • Deinen abfallfreien Lebensstil auf Social Media teilen
  • Mit deiner Familie und deinem Umfeld darüber sprechen, warum du diese Veränderungen vornimmst
  • Deine wiederverwendbaren Behälter an neue Orte mitnehmen – zum Beispiel zu Streetfood-Ständen, an die Frischetheke oder in dein Stammrestaurant zum Mittagessen

Lokale Systeme beeinflussen
Es gibt viele kleine lokale Systeme, in denen wir uns bewegen – unsere Schule oder unseren Arbeitsplatz, unsere Strasse oder unser Wohnhaus oder sogar unsere weitere Nachbarschaft. Da wir bereits Teil dieser Gemeinschaften sind, ist es oft leicht, eine kleine Kampagne oder ein Projekt zu starten, das anderen im selben System hilft, Abfall zu reduzieren. Wenn du das Gefühl hast, allein nicht genug bewirken zu können, bitte Freund*innen um Unterstützung oder schliesse dich einer Gruppe an, die bereits an ähnlichen Themen arbeitet.
Du kannst zum Beispiel:

  • Eine Kampagne starten, um Einwegplastik oder anderen Abfall in der Kantine deiner Schule oder deines Arbeitsplatzes zu reduzieren
  • Lokale Cafés bitten, einen Rabatt für Menschen anzubieten, die ihre eigenen Behälter mitbringen
  • Einem Trash Hero Chapter beitreten oder selbst eines gründen, um gemeinsame Aufräumaktionen durchzuführen
  • Menschen dazu bringen, zu kompostieren
  • Geschäfte in der Nachbarschaft bitten, unserem Wasser-Nachfüllnetzwerk beizutreten

Grosse Unternehmen beeinflussen
Da Unternehmen Geld verdienen wollen, hören sie normalerweise auf ihre Kund*innen – also auf Menschen wie uns! Genau deshalb sieht man in letzter Zeit so viel Greenwashing. Grosse Unternehmen wissen, dass die Menschen sich Sorgen wegen der Plastikverschmutzung machen, und versuchen uns glauben zu machen, dass es ihnen wichtig ist :roll: Aber je mehr Druck sie spüren, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie tatsächlich handeln. Du kannst zum Beispiel:

  • Ein Brand Audit durchführen oder an einermvon Trash Hero oder anderen Gruppen teilnehmen
  • Greenwashing und Scheinlösungen in den sozialen Medien öffentlich kritisieren
  • Einen Boykott gegen grosse Umweltverschmutzer starten und andere dazu bewegen, mitzumachen

Regierungen beeinflussen
Neben deiner Rolle als Konsument*in bist du auch Bürger*in mit dem Recht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt. Regierungen haben viel Macht darüber, was Unternehmen tun dürfen und was nicht, und das kollektive Handeln von Einzelpersonen kann dabei helfen, Richtlinien durchzusetzen, die Unternehmen für die von ihnen verursachte Verschmutzung verantwortlich machen. Du kannst zum Beispiel:

  • Eine Kampagne starten oder sich einer anschliessen, die Zero-Waste-Infrastruktur oder EPR-Gesetze unterstützt
  • Eine Petition starten oder unterschreiben, die einen starken globalen Plastikvertrag unterstützt
  • Briefe an deine lokalen Regierungsvertreter*innen schreiben
  • An einem Protestmarsch oder einer Kundgebung gegen Plastikverschmutzung teilnehmen
  • Einer Gruppe beitreten, die all das und noch mehr macht! Sieh dir die Links unten für einige Ideen an.

All diese Massnahmen folgen den goldenen Regeln, Abfall an der Quelle zu reduzieren und auf ein sichereres, gerechteres und nachhaltigeres System für Mensch und Planet hinzuarbeiten. Hoffentlich findest du hier etwas, das du gerne umsetzen würdest! Und noch einmal: Wir empfehlen dir, eine Gruppe zu finden, die ähnliche Dinge macht, oder selbst eine zu starten – gemeinsam zu arbeiten macht mehr Spass und hat auch viel grössere Wirkung.

Es ist auch wichtig, weiterhin über diese Themen zu lernen! Obwohl wir diesen Online-Kurs hier abschliessen, kannst du jederzeit zu den vorherigen Teilen zurückgehen und Dinge anschauen oder lesen, die du verpasst hast. Ein tiefes Verständnis der Probleme – und der wirklich notwendigen Lösungen – macht jede Massnahme, die du ergreifst, sinnvoller und wirkungsvoller.

Viel Erfolg und lass uns wissen, wie es bei dir läuft!

Um weitere Inspiration für die Massnahmen zu bekommen, die du ergreifen kannst, sieh dir unsere Lese- und Watchlist unten an. Nimm dir Zeit, alles zu erkunden, was dich anspricht. Wenn du Ideen besprechen möchtest oder Gedanken zur untenstehenden Frage hast, hinterlasse uns einen Kommentar!

❗ PROBIER DAS AUS

Erstelle eine Liste verschiedener Massnahmen, die du bereit wärst zu ergreifen, um gegen Plastikverschmutzung vorzugehen. Zum Beispiel könntest du:
– Einer Gruppe beitreten
– Freiwilligenarbeit leisten
– Mit deiner Schule sprechen
– Eine Kampagne in den sozialen Medien starten
– Ein Brand Audit durchführen
Recherchiere zu jeder einzelnen Möglichkeit, um herauszufinden, wie sie funktioniert und wie du konkret mitmachen könntest.

❓ DU BIST DRAN

Würdest du dich eher als Konsument*in oder als Bürger*in beschreiben?

💡 Denk darüber nach, wie viel Macht und welche Art von Einfluss mit jedem Begriff verbunden ist.

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SeemaWerde aktiv!

Das System verändern

by Seema on 07/10/2025 No comments

Wenn du seit ein paar Wochen einen Zero-Waste-Lebensstil führst, ist dir vielleicht schon aufgefallen, dass es trotz deiner wiederverwendbaren Trinkflasche überall noch Unmengen an Einweg-Plastikflaschen gibt. Die Geschäfte sind voll davon. In Kantinen und Restaurants stehen sie überall herum. Die meisten Menschen kaufen sie weiterhin, weil sie es nicht anders kennen – oder weil es ihnen egal ist. Das kann frustrierend sein. Wie gross ist der Unterschied, den du wirklich machst? Auch die Zwillinge haben sich das gefragt:

 

Warum reicht es nicht aus, unsere Gewohnheiten zu ändern?

Es ist wichtig, dass Einzelpersonen ihr Verhalten ändern, um Abfall zu reduzieren, aber das allein wird niemals ausreichen, um die Plastikverschmutzung vollständig zu beseitigen. Warum?

1. Die Grösse des Problems
Obwohl es weltweit viele engagierte Menschen gibt, die versuchen, ihren Abfall zu reduzieren, wirken sich unsere Handlungen nur auf einen Bruchteil der gesamten Plastikverschmutzung aus. Jede Minute, jeden Tag, werden Milliarden von Plastikverpackungen produziert. Dazu kommt synthetische Fast Fashion, die produziert wird, egal ob sie jemand will oder nicht. Die schiere Menge an Plastikmüll, die von Unternehmen erzeugt wird, lässt unsere individuellen Bemühungen, ihn zu reduzieren, winzig erscheinen.

2. Das Ausmass des Problems
Verschmutzung und Klimaauswirkungen treten über den gesamten Lebenszyklus von Plastik auf – von der Gewinnung der fossilen Rohstoffe bis zu ihrer Zersetzung in Mikroplastik. Wir können entscheiden, welches Plastik wir verwenden, aber wir können nicht bestimmen, wie die Produktion oder Entsorgung abläuft – diese Kontrolle haben wir nicht.

3. Die Ursache des Problems
Die meiste Plastikverschmutzung ist eine direkte Folge davon, wie Unternehmen ihre Produkte gestalten, verpacken und vertreiben. Die Menschen haben eine grosse Auswahl an Dingen, die sie kaufen können, aber nicht daran, wie sie diese kaufen. Selbst wenn wir persönlich Einwegplastik vermeiden, werden diese Produkte weiterhin hergestellt. Um das Problem wirklich zu lösen, muss sich das System ändern.

Über welches System sprechen wir?

In diesem Fall sprechen wir über das Wirtschaftssystem – also alle Arten, wie wir Dinge herstellen, kaufen und nutzen und was danach damit passiert. Derzeit ist dieses System so aufgebaut, dass alle Schritte in einer geraden Linie verlaufen und nur in eine Richtung gehen:

NEHMEN → HERSTELLEN → NUTZEN → WEGWERFEN.

Auf dieser Linie passiert eine Menge, das wir nicht sehen können und das ausserhalb unserer Kontrolle liegt. Zum Beispiel haben wir keine Möglichkeit zu wissen, welche Chemikalien in den Kunststoffen enthalten sind, die wir jeden Tag verwenden – oder sie zu verändern, wenn sie giftig sind.


The Story of Stuff
in unserer untenstehenden Watchlist ist ein Muss, um dieses lineare Einweg-System zu verstehen – 20 Minuten, die dein Leben verändern werden!

Wir denken selten wirklich über dieses System nach, weil wir Teil davon sind und mitten drin stecken. Wir nehmen es als selbstverständlich hin – genauso wie Fische nicht wissen, dass sie im Wasser leben, weil sie davon umgeben sind. Und sie können ihr System mit nichts anderem vergleichen, weil sie es nie verlassen.

Die Menschen, die das System kontrollieren, in dem wir uns gerade befinden, wollen, dass wir denken, es sei natürlich und unvermeidlich: Wir wären wie Fische ausserhalb des Wassers, wenn wir es ändern würden. Aber das stimmt nicht. So, wie die Dinge derzeit laufen, ist nicht der einzige Weg – und definitiv nicht der beste, schaut euch all die Probleme an, die es verursacht! Hier sind einige Veränderungen, die Abfall und Verschmutzung massiv reduzieren würden:

1. Neue Gesetze und Vorschriften schaffen
Derzeit dürfen Unternehmen so viel Plastik produzieren, wie sie wollen, und tausende von Chemikalien hineingeben, ohne Verantwortung dafür zu tragen, was später damit passiert. Regierungen können Unternehmen dazu verpflichten:

  • die Menge an produziertem Plastik zu begrenzen
  • die Verwendung von Plastik für unnötige Produkte einzustellen
  • sichere und wiederverwendbare Kunststoffe zu entwickeln und
  • für jede verursachte Umweltverschmutzung Schadensersatz zahlen.

Solche Arten von Gesetzen nennt man erweiterte Herstellerverantwortung oder Extended Producer Responsibility (EPR).

2. Zero Waste Infrastruktur aufbauen
Das aktuelle System ist darauf ausgelegt, Dinge so schnell wie möglich wegzuwerfen. Es ist schwer für Menschen, auf Wiederverwendung und Reparatur umzusteigen, wenn sie dagegen ankämpfen und alles alleine erledigen müssen. So wie ein Zug Schienen braucht, um fahren zu können, braucht Zero Waste ein unterstützendes System.

Damit wiederverwendbare Verpackungen zum Standard werden, brauchen wir zugängliche Abgabestellen zum Reinigen und Wiederverwenden. Reparierbare Produkte benötigen bezahlbare Reparaturzentren. Kompostierung braucht ein Sammelsystem, und Recycling braucht klare Kennzeichnungen, die beim Sortieren helfen. All das ist „Infrastruktur“ – die grundlegenden Einrichtungen, die unser tägliches Leben unterstützen.

3. Menschen und Planet vor Profit stellen
Dies ist der schwierigste Teil der Systemänderung – zumindest ohne staatliche Regulierung. Traditionell konzentrieren sich Unternehmen darauf, Geld für ihre Eigntümer*innen zu verdienen, und sie wehren sich gegen alles, was das ändern könnte. Aber einige wenige Unternehmen beginnen, die Fürsorge für Menschen und die Umwelt zu ihrer obersten Priorität zu machen. Gewinne, die sie erzielen, werden wieder in die Gemeinschaften investiert, denen sie dienen. Dieses Modell könnte weit verbreitet werden.

Solche Veränderungen werden beginnen, das bestehende lineare System in einen Kreislauf zu verwandeln. Mehr über die Kreislaufwirtschaft und was sie bedeutet, findet ihr in unseren Lese- und Watchlist unten. Aber glaubt uns: Es wäre eine völlig neue Welt.

Natürlich gibt es neben den ökologischen Schäden noch viele weitere Probleme in unserem derzeitigen Wirtschaftssystem – Ungerechtigkeiten wie Vermögensungleichheit, Ausbeutung von Arbeitenden, Sexismus und Rassismus. Diese anzugehen würde noch tiefgreifendere Veränderungen erfordern, was eine herausfordernde, aber lohnenswerte Aufgabe ist. Wir empfehlen euch, euch damit zu beschäftigen, nachdem ihr diese Serie abgeschlossen habt.

Wenn wir also das System ändern müssen, sind individuelle Veränderungen dann noch nötig?

Ja, natürlich! Nur weil das System geändert werden muss, bedeutet das nicht, dass Einzelpersonen keine Rolle spielen. Tatsächlich würde ohne uns eine Systemänderung niemals stattfinden! Im nächsten Teil dieses Leitfadens werden wir uns ansehen, wie wir dies erreichen können.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Ändern unseres Verhaltens ein wichtiger erster Schritt ist, um die Plastikverschmutzung zu bekämpfen und Abfall zu reduzieren. Das eigentliche Ziel ist jedoch, das System zu ändern, das das Problem überhaupt erst verursacht. Wir müssen von einem linearen Wirtschaftssystem zu einem kreisförmigen System übergehen, das nach den Prinzipien von Zero Waste gestaltet ist.

Um mehr darüber zu erfahren, wie das aktuelle System funktioniert und wie es sich ändern sollte, schaut euch unsere Lese- und Watchlist unten an. Nehmt euch Zeit, alles zu erkunden, was euch interessiert. Ihr könnt euer neues Wissen auch in einer Aktivität anwenden oder im Quiz testen. Wenn ihr Gedanken zur Systemänderung habt oder die untenstehende Frage beantworten möchtet, hinterlasst uns einen Kommentar!

❗ PROBIER DAS AUS

Systeme können sowohl gross als auch klein sein. Sie bestimmen, wie wir Dinge tun – zum Beispiel einkaufen, essen oder uns fortbewegen. Was könntest du in einem dieser Systeme an deinem Wohnort ändern, um Abfall zu reduzieren?


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Unternehmen und Regierungen haben die Macht, grosse Systemänderungen durchzuführen. Einzelpersonen können nur ihren eigenen Lebensstil ändern. Stimmst du dem zu?

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SeemaDas System verändern

Kannst du Greenwashing erkennen?

by Seema on 03/10/2025 No comments

Hallo! Du bist auf der Aktivitätsseite für unsere „Educate Yourself – Zero Waste“ Serie, Teil 7 gelandet. Wenn du das Thema noch nicht durchgearbeitet hast, empfehlen wir dir, dies zuerst zu tun, bevor du diese Aufgabe ausprobierst. Klicke einfach auf den obigen Link, um dorthin zu gelangen.

Schau dir die Anzeigen und Produkte unten an (klicke oder tippe zum Vergrössern). Kannst du erklären, warum sie Greenwashing und Scheinlösungen darstellen?

Probiere es mit mindestens 3 verschiedenen Bildern aus und teile deine Antworten gerne in den Kommentaren unten. Wenn du nicht weiterkommst, kann dir unser Tool einige Tipps geben.

Warum glaubst du, dass Menschen auf diese Art von Werbung hereinfallen? Und was können wir tun, um das zu verhindern?

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SeemaKannst du Greenwashing erkennen?

Die Verhandlungen zum Plastikabkommen stocken erneut – aber eröffnen die Chance auf einen Neustart

by Seema on 09/09/2025 No comments

INC-5.2 war ein Versagen des Prozesses, nicht des Ergebnisses

Als Schicksalsmoment im 2022 gestarteten Prozess angekündigt, endete die sechste Verhandlungsrunde für ein globales Plastikabkommen (INC-5.2) am 15. August 2025 in Genf ohne Einigung – der ganze Prozess steht damit auf der Kippe.

Für viele Beteiligte ein bitterer Rückschlag – doch der Zusammenbruch war deutlich besser als das alternative Szenario. Schlagzeilen sprachen von einem „Scheitern“; doch wenn in Genf tatsächlich etwas scheiterte, dann war es (erneut) der Prozess – nicht das Ergebnis.

Vom ersten Tag an wurden die Verhandlungen für das Plastikabkommen von einer kleinen, aber mächtigen Gruppe von Petrostaaten gekapert. Sie nutzten die prozedurale Regel der Konsens-Entscheidungsmethode als Instrument, wodurch sie Massnahmen zur Reduktion der Plastikproduktion – Schlüssel zur Lösung der Umweltproblematik laut der Mehrheit der Staaten – blockieren konnten.

Am INC-5.2 bemühte sich der Vorsitzende, Botschafter Luis Vayas Valdivieso, erneut, diesen Stillstand zu überwinden, und entschied sich in letzter Minute, einen schwachen Kompromisstext vorzulegen. Die Hoffnung war, dass die anwesenden Länder diesen akzeptieren würden, anstatt mit leeren Händen zu gehen.

Der Vertragstext las sich jedoch wie eine Wunschliste der Industrie und wurde zu Recht von der ehrgeizigen Mehrheit abgelehnt. Diese Ablehnung war ein Sieg: Sie verhinderte, dass die Welt in einem hohlen Abkommen gefangen war, und hielt die Möglichkeit offen, etwas Stärkeres auszuhandeln.

Lies unseren vollständigen Bericht zu INC-5.2 weiter unten.

Ambition trifft auf Blockade

Die Erwartungen an Genf waren bereits gedämpft – die prozeduralen Streitigkeiten und Verzögerungen der vorigen fünf Verhandlungsrunden machten deutlich, dass ein neuer Ansatz nötig wäre. Hoffnung gab es dennoch: Einige Observierende hielten einen Antrag auf Abstimmung gegen die Blockade für möglich.

In Genf beteiligten sich rekordverdächtige 184 Länder, unterstützt von zivilgesellschaftlichen Gruppen, Wissenschafter*innen und indigenen Führungspersönlichkeiten. Doch die Zahl der Industrievertreter war grösser als je zuvor: Laut CIEL waren 234 offiziell akkreditierte Lobbyist*innen aus der Fossil- und Petrochemiebranche vor Ort, viele eingebettet in staatliche Delegationen. Ihre Rolle war spürbar – sie bekräftigten die Positionen der Petrostaaten, verbreiteten Desinformation und blockierten Rechte zu wirklicher Teilhabe.

Die Verhandlungen blieben erneut hinter verschlossenen Türen, ausgeschlossen wurden unter anderem Rechtebetroffene. Auch Delegationsmitglieder beklagten unklare Zeitpläne, fehlende Sitzplätze und fehlenden Zugang zu Mikrofonen.

Diese Taktiken schürten das Gefühl, dass die Integrität der Verhandlungen durch sinkende Transparenz und gezielte Sabotage gefährdet war. Forderungen nach einer Interessenkonflikt-Policy wurden konsequent ignoriert.

Angesichts dieser Situation mobilisierten sich die Zivilgesellschaft und Rechteinhabergruppen in Genf rasch und führten während der zwei Wochen mehrere Aktionen innerhalb und ausserhalb der UNO durch, um die Verhandlungsführenden daran zu erinnern, „den Prozess zu korrigieren, ihre Versprechen einzuhalten und der Plastikverschmutzung ein Ende zu setzen“.

Klare Fronten

Von Beginn an war klar, dass sich die grundlegende Konfliktlinie – die unerbittliche Produktion von Plastik und giftigen Petrochemikalien – nicht verschoben hatte, da die Länder ihre roten Linien klar auf beiden Seiten gezogen hatten. Eine breite Koalition von mehr als 100 Ländern drängte weiterhin auf verbindliche Massnahmen zur Reduzierung der Produktion, zur Regulierung von Chemikalien und zur Verpflichtung zur Neugestaltung von Produkten.

Ihnen gegenüber standen die Erzeugerstaaten, die darauf bestanden, dass sich der Vertrag ausschliesslich auf die Abfallbewirtschaftung und das Recycling konzentrieren und die Produktion unberücksichtigt gelassen werden sollte.

Und so wurden potenzielle Lösungen weiter systematisch blockiert. Viele Verhandlungsstunden verstrichen in prozeduralen Debatten statt in substanziellem Fortschritt.

Bei der Plenarsitzung zur Halbzeitbilanz am 9. August machten viele Delegierte deutlich, dass sie die Suche nach einem Konsens für ein aussichtsloses Unterfangen hielten. Sie wurden angewiesen, trotzdem weiterzumachen.

Der Schachzug des Vorsitzenden

Als die Verhandlungen in die letzte Runde gingen und kein Fortschritt in Sicht war, unternahm der Vorsitzende den ungewöhnlichen Schritt, einen von ihm selbst ausgearbeiteten Kompromisstext vorzulegen. Damit wollte er zumindest ein minimales Ergebnis retten und verhindern, dass die Verhandlungen vollständig scheiterten. Doch der Zeitpunkt – der Text wurde erst spät im Verhandlungsprozess vorgelegt, sodass fast keine Zeit mehr für Verhandlungen blieb – und sein Inhalt – es fehlten Artikel zu Produktion, Chemikalien und Gesundheit sowie jegliche rechtsverbindliche Formulierung – sorgten für Uneinigkeit.

Viele ehrgeizige Länder sahen den Text als Kapitulation vor dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Die Erzeugerländer waren unterdessen weiterhin nicht bereit, selbst diese abgeschwächten Verpflichtungen zu billigen. Das Risiko ging nach hinten los: Anstatt eine gemeinsame Basis zu finden, verstärkte dieser Schritt die Frustrationen. Diplomatische Höflichkeiten wurden aufgegeben, als ein Staat nach dem anderen den Text als „Verrat“, „Kapitulation“ und „Verhöhnung“ der Wünsche der Mehrheit bezeichnete.

Da nur noch wenige Stunden Zeit blieben, stand der Vorsitzende unter enormem Druck, eine neue Lösung zu finden.

Zusammenbruch, aber nicht das Ende

Zu diesem Zeitpunkt waren bereits mehr als 60 Minister*innen angereist, um das Abkommen unter Dach und Fach zu bringen. Doch nach einer fast 30-stündigen Marathon-Sitzung gelang es nicht, sich auf einen neuen, nur geringfügig verbesserten Text des Vorsitzenden zu einigen. Die Sitzung wurde abrupt beendet. Es wurde kein klarer Fahrplan verabschiedet, sondern lediglich eine vage Verpflichtung zur Fortsetzung der Gespräche.

Das Gefühl der Enttäuschung war überwältigend. Nach zweieinhalb Jahren und 40 Millionen Dollar, die in die Verhandlungen gesteckt wurden, waren die Regierungen der Kernfrage nicht näher gekommen, ob das Plastikabkommen das Problem an der Wurzel packen oder lediglich die Abfallentsorgung am Rande regeln würde.

Erschöpfte Verhandelnde und Beobachter*innen konnten ihre tiefe Enttäuschung nicht verbergen.

Es war jedoch auch klar, dass wir uns mit der Annahme des Kompromisstextes auf einen schwachen Vertrag festgelegt hätten, der keine Möglichkeit zur Eindämmung der Plastikverschmutzung geboten hätte. Zwar wurden Zeit, Geld und Energie für die Erreichung einer Einstimmigkeit verschwendet, doch wurde dennoch wertvolle Arbeit geleistet. Die Grundlagen für einen starken Vertrag sind vorhanden und können wiederbelebt werden, sobald der politische Wille dazu vorhanden ist.

Wie weiter?

Zwei Wege stehen nun offen:
INC-5.3 – Fortsetzung im gleichen Rahmen. Doch es fehlt bislang Budget und Mandat. Zudem müssten prozedurale Reformen durchgesetzt werden – etwa die Möglichkeit zur Abstimmung statt Konsens. Das könnte zu einem Abbruch durch Produzentenstaaten und einer Krise für das UNEP-System führen.

„Koalition der Willigen“alternative Verhandlungen ausserhalb des UN-Rahmens, ähnlich dem Landminenabkommen von Ottawa 1996. Ambitionierte Staaten könnten bindende Produktionseinschränkungen und Chemieverbote verhandeln. Obstruktive Staaten blieben aussen vor – würden aber indirekt durch Handel und Marktreaktionen betroffen sein. UNEP könnte die Umsetzung unterstützen.

Diese Option wird dadurch erleichtert, dass fortschrittliche Staaten im Laufe der Verhandlungen bereits eine Reihe von Konferenzraumdokumenten (Conference Room Papers, CRPs) ausgearbeitet haben. Dabei handelt es sich um offizielle Textvorschläge, die die Bausteine für ein starkes Abkommen bilden könnten. Mehr als 100 Länder haben bei der INC-5.2 ihre Unterstützung für ambitionierte CRPs signalisiert.

Das bedeutet, dass es eine solide gemeinsame Grundlage gibt, auf die man zurückgreifen kann, wenn die Gespräche wieder aufgenommen werden.

Zivilgesellschaftliche Gruppen betonen, dass noch immer politisches Momentum aufgebaut werden kann. Aber der Druck von ausserhalb der Verhandlungsräume wird entscheidend sein. Ohne eine stärkere Mobilisierung als Gegengewicht zur Lobbyarbeit der Industrie könnten die Regierungen weiterhin auf Zeit spielen.

Nicht das Ende, sondern ein Neustart

INC-5.2 war nicht der Durchbruch, auf den viele gehofft hatten, aber auch nicht die Katastrophe, die manche befürchtet hatten. Indem sie sich weigerten, einen zahnlosen Kompromiss zu unterstützen, hielten die Regierungen die Chance auf ein Abkommen offen, das der Plastikverschmutzung wirklich ein Ende setzen kann.

Die Herausforderung besteht nun darin, die Grundlagen der bestehenden CRP in einen fertigen Text umzuwandeln, sei es durch eine Verfahrensreform beim UNEP oder durch eine Koalition der Willigen an anderer Stelle. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, ob die Regierungen den Mut haben, einen zweckmässigen Vertrag vorzulegen, oder ob sie die Chance verspielen, sich einer der entscheidenden Umweltprobleme unserer Zeit zu stellen.

Trash Hero bei den Vertragsverhandlungen
Als vom UNEP akkreditierter Beobachter kann Trash Hero an allen INC-Sitzungen teilnehmen. Wir schliessen uns unseren Kolleg*innen in der grossen Delegation der Zivilgesellschaft an, die sich für strenge und gerechte Massnahmen im Vertrag einsetzt, und unterstützen die Kommunikations– und Lobbyarbeit, die am Veranstaltungsort und in dessen Umgebung geleistet wird.

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SeemaDie Verhandlungen zum Plastikabkommen stocken erneut – aber eröffnen die Chance auf einen Neustart

Warum die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) nicht funktioniert und was wir dagegen tun können

by Seema on 19/06/2025 No comments

Wo auch immer du das liest, halte kurz inne und schau dich um. Wahrscheinlich siehst du überall Produkte, die absichtlich für eine kurze Lebensdauer konzipiert wurden: Verpackungen, die nach einmaligem Gebrauch weggeworfen werden, Elektronik mit geplanter Obsoleszenz, Geräte, die nicht repariert werden können, und schnelle Mode, die bereits nach einer Saison schäbig wirkt.

Jahrzehntelang wurde die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) als Lösung angepriesen – ein politisch geprägtes Konzept, durch das die Hersteller für die Umweltkosten ihrer Produkte zur Rechenschaft gezogen werden. Die Theorie ist einfach: Wenn Unternehmen für ihre Produkte nach deren Gebrauch verantwortlich gemacht werden, werden sie bessere, langlebigere und weniger umweltschädliche Produkte entwickeln.

Aber das trifft in der Praxis keineswegs zu. Ein neuer Bericht von Zero Waste Europe, in dem die letzten 30 Jahre der EPR- Umsetzung in der EU und darüber hinaus analysiert wurden, zeigt, dass die Abfallmengen immer noch weiter zunehmen, die Recyclingraten stagnieren und die Wiederverwendungsraten in dieser Zeit sogar drastisch gesunken sind1. Viele Hersteller haben einfach nur Bussgelder gezahlt, um die Vorschriften einzuhalten – ohne ihre Produkte zu verbessern bzw. bessere Lieferungs- oder Vermarktungsstrategien in Betracht zu ziehen.

Irgendetwas ist da gründlich schiefgelaufen. Die Idee der EPR überzeugt nach wie vor, aber die heutigen Systeme müsse grundlegend überarbeitet werden, wenn sie ihr Versprechen einlösen sollen.

Was ist EPR?

Die erweiterte Herstellerverantwortung (Extended Producer Responsibility, EPR) ist genau das, wonach sie klingt: die Ausweitung der Herstellerverantwortung über den Verkauf hinaus. Anstatt Produkte am Ende ihrer Lebensdauer zum Problem eines anderen werden zu lassen, machen EPR-Massnahmen Unternehmen finanziell, logistisch und manchmal auch physisch dafür verantwortlich, was mit ihren Produkten und Verpackungen geschieht, wenn die Verbraucher*innen sie nicht länger verwenden.

Ursprünglich sollten damit die Umweltauswirkungen von Produkten zu Geschäftskosten gemacht werden, um so Anreize für die Hersteller zu schaffen, Produkte zu entwickeln, die leichter wiederverwendet, repariert und recycelt werden können – oder besser noch, um Abfall von vornherein zu vermeiden.

Doch allzu oft wird diese Verantwortung heute „verdünnt“. Die Unternehmen zahlen am Schluss symbolisch Gebühren, um die Abfallabfuhr, Rücknahmeprogramme oder ein paar zusätzliche Recyclingbehälter zu finanzieren – praktisch ein „Zahl, damit du verschmutzen kannst“-System.

Wie das derzeitige System funktioniert

Heute funktionieren die meisten EPR- Systeme folgendermassen:

  • Die Hersteller zahlen Gebühren in ein kollektives System, das häufig von einer Herstellerverantwortungsorganisation (Producer Responsibility Organisation, PRO)
    betrieben wird.
  • Die PRO finanziert die Abfuhr, die Sortierung und das Recycling (oder die Entsorgung) von Abfallprodukten.

Hersteller behaupten sogar, dies schliesse den Kreislauf, doch in Wahrheit weist das System gravierende Mängel auf:

  1. End-of-life: Der Schwerpunkt liegt nach wie vor auf dem Recycling und nicht auf der Abfallvermeidung oder der Förderung der Wiederverwendung. Dadurch wird Abfall als unvermeidlich angesehen und nicht als etwas, das durch bessere Gestaltung und Infrastruktur vermieden werden kann. Wie der Bericht von Zero Waste Europe aufzeigt, hat die Umsetzung der EPR ohne Wiederverwendungsziele dazu geführt, dass die Wiederverwendung die am wenigsten bevorzugte Option ist.
  1. Gebührenstrukturen: Hersteller zahlen oft nach Gewicht oder allgemeinem Materialtyp (z. B. „Metall“ oder „Plastik“), ohne dass die Öko-Modulation stark genug ist, um wirklich nachhaltige Strukturierung zu belohnen und schlechte zu bestrafen. Dadurch wird der Anreiz zur Innovation geschwächt.
Durch die Öko-Modulation werden die EPR-Abgaben auf der Grundlage der Umweltleistung einzelner Produkte angepasst, sodass es weniger kostet, das Richtige zu tun, und teurer ist, wenn man die Umwelt verschmutzt. Beispiel: Eine wiederverwendbare Glasflasche = niedrigere EPR-Abgabe. Ein Plastikbeutel mit
mehreren Materialschichten, der nicht recycelt werden kann, bedeutet eine viel höhere EPR-Gebühr. Ziel ist es, starke finanzielle Anreize bei der Produktentwicklung zu schaffen, umweltfreundlicher zu sein – nicht nur für die Abfallwirtschaft, sondern für die Abfallvermeidung.
  1. Mangelnde Gesetzgebung: Viele PROs werden von der Industrie kontrolliert und regulieren sich selbst, was zu einem Interessenkonflikt führt. Die Hersteller haben wenig Motivation, sich ehrgeizige Ziele für die Wiederverwendung oder hohe Umweltstandards zu setzen, wenn sie sich selbst kontrollieren. Gleichzeitig stellen die Einnahmen, die sie der Regierung zur Verfügung stellen, eine Plattform für Lobbyarbeit dar und ermöglichen es ihnen zu behaupten, dass sie etwas tun.
  1. Fehlende Transparenz: Es ist oft unklar, welche Ziele die PROs verfolgen (wird z. B. „Recycling“ an der Sammelstelle oder bei der Lieferung an eine Recyclinganlage gemessen?), ob sie erreicht werden, wie die Mittel verwendet werden oder was wirklich mit den gesammelten Abfällen geschieht. Infolgedessen tragen die Kommunen und die Steuerzahler*innen immer noch einen Grossteil der Verwaltungslast. Betrug und Greenwashing sind echte Risiken.
  1. Fehlende Integration: In den derzeitigen EPR-Vorschriften wird die Abfallwirtschaft nur sehr selten spezifiziert oder kontrolliert. PROs können daher jegliche bestehenden Gesetze zu diesem Thema befolgen, unabhängig davon, ob darin die Verbrennung oder das Recycling in geschlossenen Kreisläufen von Plastik vorgesehen ist. Mit anderen Worten: EPR kann nur dann gut funktionieren, wenn bereits ein gutes Abfallmanagementsystem vorhanden ist.

Die derzeitigen EPR-Systeme verwickeln uns also bestenfalls in eine endlose Abfallwirtschaft und tragen nichts zur Abfallvermeidung, Ressourceneffizienz oder einem gerechten Übergang bei; in den schlimmsten Fällen kämpfen sie sogar gegen ein solches Ergebnis an.

Wie könnten wir dazu beitragen, die EPR wirksam umzusetzen

EPR kann immer noch eine wichtige Rolle bei der Schaffung einer Kreislaufwirtschaft spielen. Aber nur dann, wenn diese grundlegend umstrukturiert wird und der Hierarchie der Abfallwirtschaft folgt, wobei die Vermeidung an erster Stelle steht. Das könnte folgendermassen aussehen:

An erster Stelle stehen Prävention und Ökodesign: Das grundlegende Ziel ist die Verringerung der von uns erzeugten Abfallmenge. EPR-Mittel helfen beim Aufbau von Wiederverwendungssystemen, Nachfüllnetzwerken und Reparaturdiensten – und nicht nur beim Ausbau der Infrastruktur für die Abfallwirtschaft. EPR-Gebühren fördern wiederverwendbare, langlebige und ungiftige Designs.

Starke Öko-Modulation: Die Gebühren belohnen eindeutig nachhaltige Produkte und bestrafen umweltverschmutzende und müllgenerierende Produkte, wodurch greifbare finanzielle Signale ausgesendet werden, die zu besseren Produktedesigns anregen.

Pfandsysteme: Die Verbraucher*innen zahlen einen geringen Aufpreis für Verpackungen und haben so einen Anreiz, diese bei einer Sammelstelle abzugeben, um eine Rückerstattung zu erhalten, sodass dem Hersteller wiederverwendbare Artikel zugeführt werden oder ein hochwertiges Recycling gewährleistet werden kann. (Pfand ist eine Art von EPR und hat sich als die effizienteste und wirksamste Methode erwiesen, hohe Sammelquoten für Verpackungen zu erreichen. Viele Länder, die ein Pfandsystem eingeführt haben, haben Rücklaufquoten von über 90 % erreicht).

Klare, ehrgeizige Ziele: Verbindliche Zielvorgaben für die Abfallvermeidung, die Wiederverwendung, die Recyclingfähigkeit und den Verzicht auf giftige Inhaltsstoffe stehen im Mittelpunkt der EPR- Gesetzgebung, nicht nur die Recyclingquoten. Die Ziele sind klar definiert (d. h. wann und wie sie gemessen werden). Sie sind progressiv und stellen sicher, dass das lokale Abfallwirtschaftssystem in der Lage ist (oder im Laufe der Zeit in der Lage sein wird), sie effektiv zu erfüllen.

Unabhängige Verwaltung: Die Organisationen der Herstellerverantwortung werden unabhängig verwaltet und reguliert und unterliegen einer starken öffentlichen Kontrolle, um eine Vereinnahmung durch die Industrie zu verhindern.

Transparenz und öffentliche Rechenschaftspflicht: Offener Zugang zu Daten, Überprüfung und Überwachung durch Dritte und sinnvolle Sanktionen bei Nichteinhaltung sind Standard.

Integration mit anderen Richtlinien: EPR ist Teil einer umfassenderen Strategie für das Ressourcenmanagement, die zusammen mit der Abfallbewirtschaftung, der Klimapolitik, der Gesundheitspolitik und anderen Strategien für materielle Ressourcen betrachtet wird, sodass sie alle miteinander vereinbar sind. Verbote, Obergrenzen und Handel, Produktionsreduzierung, Wiederverwendungsziele, Steuern und andere politische Instrumente werden neben EPR eingesetzt, um die Kreislaufwirtschaft zu unterstützen.

 

Wenn EPR-Systeme in diesem Sinne umgestaltet werden, können sie zu einer starken Antriebskraft für Innovation, Nachhaltigkeit und Klimaschutz werden, anstatt ein Symbol für Greenwashing und eine schwache „Pay to pollute“-Politik zu stützen. Die Verhandlungen zum globalen Plastikabkommen werden eine Schlüsselrolle dabei spielen, ob dies geschehen wird.

Es liegt auf der Hand, dass die Hersteller nicht nur für das Abfallmanagement verantwortlich gemacht werden müssen, sondern auch dafür, dass weniger Abfälle entstehen. Eine wirkliche Ausweitung ihrer Verantwortung bedeutet, dass sie über das „Recycling“ hinausgehen und Produkte und Infrastrukturen wie Pfandsysteme entwickeln müssen, die Kreislaufwirtschaft zur einfachen Option machen, nicht zur Ausnahme.

  1. In Indonesien wurden 1999 Bier und Erfrischungsgetränke zu 76 % in wiederbefüllbare Behälter abgefüllt. Im Jahr 2019 war dieser Anteil auf 4 % geschrumpft. .
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Gespräche über das globale Plastikabkommen enden in einer Sackgasse

by Seema on 12/12/2024 No comments

Es sollte die letzte Runde der UN-Verhandlungen für ein weltweites Abkommen über Plastik sein. Am Ende endete die INC-5 ohne eine Einigung – allerdings nicht ohne Fortschritte.

Das Treffen fand vom 25. November bis zum 1. Dezember 2024 in Busan, Südkorea, statt, und es nahmen fast 4’000 Personen teil. Der Vorsitzende, Luis Vayas Valvidieso, stand unter starkem Druck, eine Einigung zu erzielen. Er verbrachte die Woche damit, die Länder zu beschwören, eine gemeinsame Basis zu finden und „es zu Ende zu bringen“, und stimmte sogar Verhandlungen hinter verschlossenen Türen für fast drei Tage zu – eine eklatante Missachtung der Transparenz, die Wissenschaftler*innen, zivilgesellschaftliche Gruppen und die von der Plastikverschmutzung am stärksten Betroffenen im Regen stehen liess.

Doch eine Einigung war nicht zu erwarten. Die Gespräche verdeutlichten nur die tiefen Gräben zwischen den Ländern in drei zentralen Fragen: Begrenzung der Plastikproduktion (Artikel 6), Regulierung giftiger Chemikalien (Artikel 3) und Finanzierung (Artikel 11).

Eine Minderheit der so genannten Petrostaatengrosse Exporteure fossiler Brennstoffe – blockierte weiterhin alle Versuche, die Produktion von Plastik zu begrenzen oder zu reduzieren, mit dem Argument, dies sei für das Problem der Umweltverschmutzung irrelevant. Sie lehnten wissenschaftliche Beweise für die schädlichen Auswirkungen von Petrochemikalien ab und behaupteten, Plastik sei für den Fortschritt, die Klimaziele und das „Recht auf Entwicklung“ unerlässlich. Die Mehrheit der Länder, sowohl des globalen Südens als auch des globalen Nordens, war jedoch entschlossen, verbindliche Verpflichtungen zur Verringerung der Plastikproduktion, den Ausstieg aus schädlichen Plastikprodukten und giftigen Chemikalien sowie einen speziellen Fonds zur Unterstützung der Vertragsumsetzung aufzunehmen. Sie verwiesen auf die UNEA-Resolution, die einen vollständigen Lebenszyklus-Ansatz für die Verschmutzung durch Plastik vorsieht und erinnerten an die Tausenden von Studien, die Chemikalien in Plastik mit ernsthaften Gesundheitsproblemen in Verbindung bringen.

Mit Juan Carlos Monterrey Gomez, dem inspirierenden Delegierten aus Panama.

Eintreten für ambitionierte Ziele

Das Zusammenstehen einer Koalition von mehr als 100 Ländern, angeführt von Panama, Ruanda, Mexiko und Fidschi und unterstützt von der EU, der Schweiz, dem Vereinigten Königreich und Australien, war der Höhepunkt der Gespräche. Als sie Mitte der Woche auf der Bühne erschienen, gewannen sie schnell die Oberhand und bedienten sich einer starken Sprache – wenn Sie keinen konstruktiven Beitrag leisten, dann gehen Sie bitte -, die die Energie und Dynamik im Saal völlig veränderte. Auf der abschliessenden Versammlung erhielt Juliet Kabera, die Generaldirektorin der ruandischen Umweltbehörde, tosenden Beifall für ihre Erklärung, in der sie versprach, sich für ambitionierte Ziele einzusetzen. Für die meisten Anwesenden war die Tatsache, dass auf der INC-5 keine Einigung erzielt wurde, ein Sieg des Mutes über den Kompromiss. Anstatt sich den unerbittlichen Schikanen der Petrostaaten zu beugen und den Text zu verwässern, blieben die fortschrittlichen Länder standhaft und zogen keinen Vertrage einem Nichtvertrag vor. Damit steht die Tür für einen echten Wandel weiter offen.

Ein Versagen des Prozesses

Der eigentliche Misserfolg der INC-5 war der Prozess selbst. Die Verhandlungen liefen in den letzten drei Verhandlungsrunden im Wesentlichen nach demselben Muster ab: Der Vorsitz schlägt einen Text vor mit der Anweisung, eine Einigung oder einen Konsens zu finden. Die Länder tauschen dann ihre Ansichten aus, wobei die Petrostaaten systematisch ihr Veto gegen ganze Artikel einlegen und jede Zeile mit Einschränkungen, Zusätzen und Streichungen verschleiern. Das Ergebnis ist ein unverständliches und unbrauchbares Dokument, das in der nächsten Runde „gestrafft“ werden muss, bevor der Prozess wieder von vorne beginnt. Anstatt diese fehlerhafte Vorgehensweise zu ändern, erhöhte der Vorsitzende einfach die Geschwindigkeit der Schleife, indem er zwei neue gestraffte Vorschläge herausbrachte, einen am Freitag und einen am Sonntag, da jede frühere Version innerhalb von Stunden zerrieben wurde. Wie Ana Rocha, Global Plastics Policy Director von GAIA, es ausdrückte: „Wir können nicht immer wieder das Gleiche tun und andere Ergebnisse erwarten – das ist die Definition von Wahnsinn. Die ehrgeizige Mehrheit muss alles tun, was nötig ist, um die Verhandlungen wieder in Gang zu bringen und den Geist des Multilateralismus zurückzuerobern“. Das könnte bedeuten, dass sie auf ihr Recht bestehen, über einen Text abzustimmen, anstatt zu versuchen, einen Konsens zu finden, oder sogar den gesamten Prozess außerhalb der UNO zu führen.

Weitreichende Auswirkungen

Die in Busan zutage getretenen Meinungsverschiedenheiten weisen deutliche Parallelen zu den Herausforderungen bei den Klimaverhandlungen auf, wo die Petrostaaten seit Jahrzehnten den Fortschritt blockieren. Ihre orchestrierten Bemühungen, alle multilateralen Umweltabkommen zu behindern und zum Entgleisen zu bringen, müssen als solche erkannt und von der UNO ernsthaft angegangen werden. Dafür gibt es Präzedenzfälle, wie z. B. die Politik des Interessenkonflikts, die bei der WHO-Rahmenkonvention zur Eindämmung des Tabakkonsums angewandt wurde. Wenn wir in Bezug auf die Produktion von Plastik nicht entschlossen handeln, wird dies weitergehende Umweltziele, einschliesslich der Klimaziele, behindern, da wir wissen, dass allein dieser Sektor bis 2060 das globale Kohlenstoffbudget überschreiten könnte. Wenn wir nicht schnell handeln, wird sich auch die sich abzeichnende Krise der öffentlichen Gesundheit verschärfen, da sich Petrochemikalien bioakkumulieren und unsere Belastung täglich zunimmt.

Ein Abkommen in 2025?
Die INC-5 endete damit, dass die Verhandlungsführenden vereinbarten, ihre Sitzung im Jahr 2025 wieder einzuberufen – dies wird als INC-5.2 und nicht als INC-6 bezeichnet werden, da es sich um eine Fortsetzung derselben Sitzung handelt. Der Termin und der Tagungsort werden voraussichtlich im Januar 2025 bekannt gegeben, und es wird erwartet, dass die Tagung in der ersten Jahreshälfte stattfindet. Dies gibt der neuen Koalition ehrgeiziger Länder ein paar wertvolle Monate, um eine starke Führung zu demonstrieren, in die Diplomatie zu intensivieren und die Herausforderungen des Prozesses und der Interessen zu bewältigen, um sicherzustellen, dass wir einen Vertrag bekommen, der die Verschmutzung durch Plastik wirklich beenden kann.

Trash Hero bei den Vertragsverhandlungen
Als von der UNEP akkreditierter Beobachter kann Trash Hero an allen INC-Treffen teilnehmen. Wir schliessen uns unseren Kolleg*innen in der grossen zivilgesellschaftlichen Delegation an, die sich für starke und gerechte Massnahmen im Vertrag einsetzt, und unterstützen die Kommunikations– und Lobbyarbeit, die in Ausstellungsständen und bei Nebenveranstaltungen rund um den Tagungsort geleistet wird.

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SeemaGespräche über das globale Plastikabkommen enden in einer Sackgasse

Starte deinen abfallfreien Lebensstil

by Seema on 27/11/2024 No comments

Wenn du die vorherigen Teile gelesen hast, hast du bestimmt schon ein Gefühl dafür bekommen, wie gross und komplex das Plastikproblem eigentlich ist. Und vielleicht fragst du dich auch, wie wir das jemals in den Griff kriegen sollen! Die Wahrheit ist: Echte Lösungen können nicht dadurch entstehen, dass wir nur unseren Umgang mit Plastikmüll ändern. Wir müssen auch die Art und Weise ändern, wie wir leben.

https://youtube.com/shorts/TuFMZo_OxuY

Wie die Zwillinge sagen, gibt es hunderte Accounts in den sozialen Medien, die Tipps teilen, wie man im Alltag Plastik und anderen Abfall reduzieren kann. Das nennt man einen „Zero-Waste-Lifestyle“.
Wichtig: Ein Zero-Waste-Lifestyle ist nichts Neues – er wurde nicht von Influencer*innen erfunden, und er erfordert weder eine makellose weisse Küche noch viele ausgefallene Zero-Waste-Produkte. Tatsächlich lebten die meisten Menschen in der Geschichte bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts nach Zero-Waste-Prinzipien, und Millionen tun das noch bis heute.
Ein solcher Lebensstil bedeutet einfach, dass die Dinge, die wir nutzen, langlebig sind, Materialien wiederverwendet und repariert werden – statt weggeworfen – und dass wir enger mit der Natur und unserer lokalen Gemeinschaft verbunden sind.
Was passierte also Mitte des 20. Jahrhunderts, das das änderte? Mit dem Aufkommen von Massenproduktion und Werbung, angefeuert durch Plastik – das neue „Wundermaterial“ – begann eine konsumorientierte Wegwerf-Kultur. Sie veränderte das Leben der Menschen und sogar ihre Werte.

Sobald wir anfangen hinzuschauen, erkennen wir, dass vieles, was uns heute verkauft wird, überverpackt ist und oft überhaupt nicht nötig ist. Ein Zero-Waste-Lifestyle beginnt also eigentlich damit, unsere Kaufgewohnheiten zu beobachten und Wege zu finden, unnötige Anschaffungen und Abfall zu vermeiden.

Fang klein an – mit einfachen Alternativen

Der Schlüssel ist, sich nicht unter Druck zu setzen, alles auf einmal zu ändern. Fang damit an, kleine, überschaubare Veränderungen vorzunehmen und baue darauf nach und nach auf. Ein guter erster Schritt ist eine wiederverwendbare Wasserflasche. Wähle am besten eine aus einfachem Edelstahl, um Probleme mit Mikroplastik zu vermeiden. Fülle sie aus dem Wasserhahn (wenn möglich) oder einer anderen wiederverwendbaren Quelle, wie einem Tank oder einer öffentlichen Nachfüllstelle. Damit sparst du schon eine Menge Plastikflaschen.

Als Nächstes könntest du eine wiederverwendbare Einkaufstasche ausprobieren – auch hier solltest du eine wählen, die klein genug ist, um sie zusammenzufalten und in deiner Tasche oder Hosentasche zu verstauen, damit du sie immer dabei hast. Oder trage einen wiederverwendbaren Becher bei dir.
Bei beiden Alternativen kann es sein, dass du den Verkäufer fragen musst, ob du deinen eigenen Gegenstand statt des Einwegartikels verwenden darfst, den er normalerweise gibt. Beim ersten Mal kann sich das etwas unangenehm anfühlen. Aber wenn du den Grund erklärst – dass du versuchst, Einwegplastik zu vermeiden – sind die meisten Menschen gerne bereit zu helfen.
Je öfter du es praktizierst, desto leichter und normaler wird es sich anfühlen. Und neben dem Einsparen von Plastik bist du auch ein tolles Vorbild für die Menschen in deinem Umfeld – und sogar für diejenigen, die du gar nicht kennst –, die sehen, wie du diese Entscheidungen triffst.

Plane voraus, um mehr Wirkung zu erzielen

Sobald du dich daran gewöhnt hast, ein paar wiederverwendbare Dinge bei dir zu tragen, bist du bereit für den nächsten Schritt. Für weitere Ideen schau dir an, was du und deine Familie jede Woche benutzt und wegwerft. Gibt es etwas, das du tun könntest, um Plastikverpackungen zu vermeiden? Zum Beispiel: Könntest du Obst und Gemüse lose statt verpackter wählen? Könntest du andere Produkte (z. B. Süssigkeiten, Reis, Nüsse) auf einem lokalen Markt oder in einem Zerowasteladen statt im Supermarkt kaufen?

Wenn du dein eigenes Mittagessen einpackst, könntest du es plastikfrei gestalten – ohne Verpackung und in einem wiederverwendbaren Behälter?
Könntest du von Einweg-Menstruationsprodukten auf wiederverwendbare umsteigen? Oder von flüssigem Shampoo und Seife auf feste Stücke?
Wenn es Dinge gibt, auf die du nicht verzichten kannst oder willst, ist das völlig in Ordnung. Wir alle mögen schliesslich salzige Snacks 🙂

Hardcore-Zero-Waster werden?

Es gibt tatsächlich noch viel mehr, was du tun kannst, um Abfall zu reduzieren – vom Kompostieren über das Reparieren von Dingen bis hin zum Selbermachen von Reinigungsmitteln. Du kannst Zimmer für Zimmer in deinem Haus angehen und ihnen ein Zero-Waste-Makeover verpassen. Das erfordert manchmal spezielle Ausrüstung sowie ein wenig mehr Zeit und Mühe. Manche Menschen haben Freude daran, diese Möglichkeiten auszuprobieren, andere fühlen sich schnell überfordert und demotiviert.

Unser Rat ist: Tu, was du kannst, und bleib bei dem, was für dich funktioniert. Ein kleines Stück jeden Tag ist besser, als zu viel auf einmal zu versuchen und am Ende gar nichts zu tun! In den nächsten Teilen dieses Leitfadens werden wir uns weitere Möglichkeiten anschauen, wie man Zero-Waste-Lifestyles für alle unterstützen kann – selbst für diejenigen, die nur zögerlich damit anfangen wollen.

Zusammengefasst bedeutet ein Zero-Waste-Lifestyle, sich bewusst zu machen, welchen Müll man im Alltag produziert, und Schritte zu unternehmen, um ihn zu reduzieren. Indem wir nur das kaufen, was wir wirklich brauchen, wann immer möglich unverpackte oder gebrauchte Waren wählen und Einwegartikel durch wiederverwendbare ersetzen, können wir eine enorme Menge Abfall vermeiden. Die verbleibenden Abfälle lassen sich durch Kompostieren von Bioabfällen und Recycling weiter reduzieren, sodass noch weniger in der Verbrennung oder auf der Müllhalde landet.

Um mehr über Zero-Waste-Lifestyles zu erfahren, sieh dir unsere Lese- und Watchlisten unten an. Nimm dir Zeit, alles zu erkunden, was dich interessiert, und vergiss nicht, einige der vorgeschlagenen Alternativen selbst auszuprobieren. Wenn du eine der Ideen ausprobierst oder die Frage unten beantworten möchtest, hinterlasse uns gerne einen Kommentar!

❗ PROBIER DAS AUS

Nimm beim nächsten Essen ausser Haus einen wiederverwendbaren Behälter oder Becher mit und bitte das Verkaufspersonal, dein Essen oder Getränk darin zu verpacken. Was ist passiert? War es schwieriger oder einfacher, als du erwartet hattest?

Es kann Spass machen, ein Wiederverwendungs-Tagebuch zu führen – nicht nur, um die Reaktionen festzuhalten, die du bekommst, sondern auch, um zu sehen, wie viele Plastikartikel du persönlich eingespart hast.

❓ DU BIST DRAN

Ein vollständig Zero-Waste-Lifestyle kann oft extrem oder überwältigend wirken. Welche Veränderungen bist du bereit zu machen?

💡 Würdest du mehr tun, wenn Veränderungen leichter wären oder wenn mehr Menschen es tun würden?

Schreib uns deine Gedanken in die Kommentare!
Hinweis: Die Kommentare werden moderiert und erscheinen nicht sofort.

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